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Leben mit dem Lymphödem

Blogbeitrag

Pflegebedürftig durch Lymphödem: Das Wichtigste, was Sie wissen sollten

Ein Lymphödem begleitet Betroffene oft ein Leben lang und bringt nicht nur körperliche, sondern auch organisatorische Herausforderungen mit sich. Was passiert, wenn die Beschwerden so stark werden, dass der Alltag kaum noch allein bewältigt werden kann? Oder wenn Angehörige an ihre Grenzen stoßen? In solchen Fällen können Pflegeleistungen eine wichtige Unterstützung sein. Aus eigener Erfahrung und zahlreichen Gesprächen mit Betroffenen möchte ich Ihnen wertvolle Tipps geben, wie Sie Pflegeleistungen beantragen und welche Hürden dabei auftreten können.

Inhalte

Pflegegrad beantragen – der erste Schritt

Wenn die Bewältigung des Alltags durch ein Lymphödem stark eingeschränkt ist, kann ein Pflegegrad beantragt werden. Dieser ist die Grundlage für Leistungen wie Pflegegeld, Pflegesachleistungen oder Entlastungsangebote.

So gehen Sie vor:

  1. Antrag bei der Pflegekasse stellen:
    • Der Antrag erfolgt bei der Pflegekasse, die Ihrer Krankenkasse angeschlossen ist. Ein einfacher Anruf genügt, um den Prozess zu starten.
    • Dokumentieren Sie vorher den Pflegebedarf – führen Sie ein Pflege-Tagebuch über mindestens 7 Tage. Halten Sie fest, welche Unterstützung täglich benötigt wird, z. B. beim Anziehen von Kompressionsstrümpfen, bei der Körperpflege oder im Haushalt.
  2. Vorbereitung auf die Begutachtung:
    • Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MD) prüft die Pflegebedürftigkeit durch einen Gutachter.
    • Sammeln Sie ärztliche Atteste, Berichte und Fotos von Schwellungen oder anderen Beschwerden, die den Alltag erschweren. Diese Unterlagen untermauern den Antrag und zeigen die Notwendigkeit der Pflegeleistungen auf.
  3. Begutachtungstermin:
    • Seien Sie ehrlich und zeigen Sie realistisch, welche Einschränkungen bestehen. Viele Betroffene gewöhnen sich an die Belastungen und vergessen, wie viel Unterstützung sie tatsächlich benötigen. Machen Sie deutlich, was allein nicht mehr geht, z. B. das tägliche Anlegen der Kompression oder der Gang zu Therapien. Ihre Pflegeperson sollte bei diesem Termin dabei sein.

Pflegeleistungen: Was steht Ihnen 2024 zu?

Je nach Pflegegrad (1-5) können unterschiedliche Leistungen in Anspruch genommen werden. Für Lymphödem-Patienten sind besonders Pflegegeld, Pflegesachleistungen und Entlastungsangebote wichtig.

  • Pflegegeld (für häusliche Pflege durch Angehörige):
    • Pflegegrad 1: Kein Pflegegeld
    • Pflegegrad 2: 332 Euro/Monat
    • Pflegegrad 3: 558 Euro/Monat
    • Pflegegrad 4: 837 Euro/Monat
    • Pflegegrad 5: 1.072 Euro/Monat

 

  • Pflegesachleistungen (für professionelle Pflege durch Pflegedienste):
    • Pflegegrad 2: 724 Euro/Monat
    • Pflegegrad 3: 1.363 Euro/Monat
    • Pflegegrad 4: 1.693 Euro/Monat
    • Pflegegrad 5: 2.095 Euro/Monat

 

  • Entlastungsleistungen (ab Pflegegrad 1):
    • 125 Euro monatlich für Haushaltshilfen, Fahrdienste oder Betreuungsangebote

 

  • Kurzzeitpflege (nach Krankenhausaufenthalten oder bei Ausfall der Pflegeperson):
    • 1.774 Euro pro Jahr, bei Nutzung der Verhinderungspflege bis zu 3.386 Euro/Jahr

 

  • Verhinderungspflege (bei Urlaub oder Krankheit der Pflegeperson):
    • Bis zu 1.612 Euro/Jahr, zusätzliche 806 Euro aus nicht genutzten Mitteln der Kurzzeitpflege

Hürden und wie Sie sie bewältigen

Leider werden Pflegeanträge häufig abgelehnt oder zu niedrig eingestuft. Hier sind Möglichkeiten, diese Hürden zu überwinden:

  1. Widerspruch einlegen:
    • Prüfen Sie den Bescheid sorgfältig. Falls der Pflegegrad nicht Ihren Bedürfnissen entspricht, können Sie innerhalb von 4 Wochen Widerspruch einlegen.
    • Erklären Sie detailliert, warum eine höhere Einstufung gerechtfertigt ist, und legen Sie zusätzliche Nachweise wie Pflege-Tagebücher oder ärztliche Berichte bei.
  2. Hilfe durch Beratungsstellen:
    • Pflegeberatungsstellen der Krankenkassen oder unabhängige Beratungsdienste helfen bei der Antragstellung und im Widerspruchsverfahren.
    • Sozialverbände wie der VdK bieten juristische Unterstützung, wenn z.B. eine Klage erforderlich wird.
  3. Praktische Unterstützung:
    • Selbsthilfegruppen oder Netzwerke von Betroffenen können wertvolle Tipps geben und helfen, den Prozess zu verstehen.
    • Kommunale Pflegeberatungsstellen bieten oft kostenlose Unterstützung bei der Erstellung der Unterlagen.

Warum Pflegeleistungen beim Lymphödem so wichtig sind

Die tägliche Pflege eines Lymphödems ist zeitintensiv. Das Anziehen von Kompressionskleidung, Hautpflege, Bewegung und der Gang zur Therapie erfordern oft Unterstützung. Bei fortgeschrittenen Lymphödemen kommen Begleiterkrankungen wie Erysipel oder Gelenkschmerzen hinzu, die den Pflegeaufwand erhöhen. Pflegeleistungen entlasten sowohl Betroffene als auch ihre Angehörigen und sorgen dafür, dass die notwendige Unterstützung im Alltag gewährleistet wird.

Ausblick: Neue Hilfestellungen für Betroffene

Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Anfang 2025 mein neues Buch erscheinen wird: „Finanzielle Unterstützung (nicht nur) für Lymphödem-Betroffene leicht gemacht“.
In diesem Buch stelle ich Ihnen umfassend und praxisnah alle verfügbaren Hilfen und Unterstützungsangebote vor – von Pflegeleistungen über Krankenkassenleistungen bis hin zu steuerlichen Vorteilen und Tipps zur Antragstellung. Mein Ziel ist es, Ihnen und Ihren Angehörigen den Umgang mit den komplexen bürokratischen Anforderungen zu erleichtern.

Mein persönlicher Rat

Als Betroffene weiß ich, wie belastend ein Lymphödem sein kann – körperlich und organisatorisch. Pflegeleistungen sind kein Geschenk, sondern ein Recht, das Ihnen zusteht. Lassen Sie sich nicht von bürokratischen Hürden entmutigen. Holen Sie sich Unterstützung, tauschen Sie sich aus und bleiben Sie beharrlich. Jede Hilfe, die Sie erhalten, kann den Alltag leichter machen – für Sie und Ihre Familie.

Ihre Kirsten Schade